MSC – Mindful Self Compassion: Achtsames Selbstmitgefühl üben

27. November 2021

Die meisten von uns lernen schon bereits als Kind, wie wichtig es ist, freundlich und mitfühlend mit anderen zu sein. Selten jedoch wird uns bewusst gemacht, dass wir dies erst mit uns selbst tun müssen, um es wirklich authentisch mit anderen zu leben. Später im Leben als erwachsene Person zeigt sich fehlendes Selbstmitgefühl oft durch übertriebene Ansprüche uns selbst gegenüber sowie ein ausgeprägter innerer Kritiker.

Was ist achtsames Selbstmitgefühl?

Es handelt sich hier um ein wissenschaftlich fundiertes Konzept von Dr. Kristin Neff, welches Achtsamkeit und Mitgefühl zusammenbringt. Selbstmitgefühl bedeutet, uns selber in schwierigen Zeiten in der gleichen unterstützenden und verständnisvollen Art und Weise zu begegnen, wie wir dies bei einem guten Freund oder einer guten Freundin tun würden. Mit schwierigen Zeiten sind gar nicht unbedingt wirklich intensive Situationen gemeint, sondern einfach wenn wir scheitern, vor Herausforderungen stehen, negative Emotionen erfahren, oder etwas an uns bemerken, was uns nicht gefällt.

Anstatt uns in diesen Situationen zusätzlich durch unsere Gedanken und Sprache uns gegenüber fertig zu machen oder mit zusammengebissenen Zähnen den eigenen Schmerz herunterzuschlucken, nehmen wir uns einen Moment, um anzuerkennen, „dass es gerade schwierig ist“ und fragen uns: „wie kann ich mir selber etwas Gutes tun in diesem Moment?“.

Selbstmitgefühl ist nicht mit Mitleid zu verwechseln: Mitleid bedeutet eine egozentrische Weltsicht, die uns und unser Leiden in den Mittelpunkt stellt und uns vollkommen in unser Problem hineinsinken lässt. Auch wenn dies für eine Zeit lang vollkommen okay ist, isoliert es uns oft von anderen, da wir uns mit unseren Gefühlen alleine fühlen. Selbstmitgefühl ermöglicht es, zu der Situation ein wenig Abstand zu gewinnen und eine Perspektive zu entwickeln, die uns erlaubt, achtsam mit unseren Gefühlen umzugehen und uns von innen heraus zu stärken. Anstatt uns hart zu verurteilen und uns zu wünschen jemand anders zu sein, dürfen wir uns erlauben, unsere Menschlichkeit anzunehmen und zu würdigen.

Die drei Dimensionen von achtsamen Selbstmitgefühl

Folgende drei Dimensionen sind Teil des Konzepts des achtsamen Selbstmitgefühls (auch als MSC = „Mindful Self Compassion“ abgekürzt):

1) Achtsamkeit
Dies beschreibt ein Bewusstsein für unsere inneren Vorgänge. In einer schwierigen Situation sind wir in der Lage, unsere Emotionen und Gedanken wahrzunehmen, ohne uns in ihnen zu verlieren. Dabei drücken wir negative Gefühle weder herunter, noch steigern wir uns hinein. Weiterhin erlauben wir uns, uns einzugestehen, dass etwas schwierig für uns ist.
2) Menschliche Verbundenheit
Wir machen uns bewusst, dass es Teil der menschlichen Erfahrung ist, dass nicht immer alles so läuft, wie wir uns es wünschen. „Leiden“ im kleinen und im großen verbindet uns Menschen miteinander.
3) Freundlichkeit mit uns selber
Wir lernen, freundliche und verständnisvolle Gedanken uns gegenüber zu entwickeln und hören bewusst auf, uns zu kritisieren. Es geht hier wirklich darum, mit uns und über uns zu sprechen wie mit einem guten Freund oder einer guten Freundin.

Macht uns achtsames Selbstmitgefühl nicht einfach nur faul?

Achtsames Selbstmitgefühl ermöglicht uns unabhängig von anderen eine innere Stärke und ein Auffangnetz aufzubauen, welche uns in herausfordernden Momenten Halt gibt. Wenn Menschen auf das Konzept stoßen, haben sie oft Sorgen, durch zu viel Mitgefühl faul zu werden, oder gar „verweichlicht“. Tatsächlich ist es aber so, dass der Grund hinter selbstsabotierenden Verhaltensweisen, wie bspw. der Prokrastination (das kontinuierliche Aufschieben einer Tätigkeit in die Zukunft) ist, dass wir im Grunde zu wenig an uns glauben oder Angst davor haben zu scheitern. Dessen wiederum liegt die fehlende Fähigkeit zugrunde, mit negativen Emotionen umzugehen. Wenn wir wissen, dass wir auch im Falle von einer wirklich schwierigen Situation inklusive der intensiven inneren Erfahrung, für uns sorgen können, sind wir innerlich resilient und trauen uns mehr. Neue Ideen einzubringen, für sich einzustehen, Risiken einzugehen oder sein Leben aktiv zu gestalten braucht eine innere Stärke und eine Freundlichkeit mit sich selber – genau dies können wir mit dem achtsamen Selbstmitgefühl stärken.

Wie kann ich das lernen?

Selbst wenn Sie aktuell über sich sagen würden, dass Sie Ihr schlimmster Kritiker sind – die gute Nachricht ist, achtsames Selbstmitgefühl ist eine erlernbare Fähigkeit.

Meditation
Achtsamkeit, die grundlegende Dimension, stärken Sie durch eine regelmäßige Meditationspraxis. Meditieren können Sie sich vorstellen wie ein Training für den Kopf. Ich verlinke Ihnen hier eine klassische Atemmeditation, wenn Sie dies einfach mal ausprobieren möchten.

Journaling
Um das Selbst-bewusstsein zu stärken und den Umgang mit sich selber zu reflektieren, empfiehlt sich auch die Technik des Journaling. Dazu nehmen Sie sich einfach ein Blatt Papier und einen Stift und schreiben Ihre Erfahrung auf. Ziel ist, einfach herunterschreiben zu können, was in Ihnen vor sich geht. Alles, was Sie aufschreiben, ist nur für Sie selber und muss/sollte nicht mit jemandem geteilt werden. So entsteht ein Raum für Sie, sich vollständig auszudrücken.

Anbei möchte ich Ihnen noch eine Journaling-Übung zeigen, mit der Sie die drei Dimensionen des achtsamen Selbstmitgefühls üben können. Diese empfehle ich besonders zum Abschluss eines Tages.
Achtsames Selbstmitgefühl Journaling
Reflektieren Sie Ihren Tag und schreiben alles auf, was Sie hat schlecht fühlen lassen: Situationen, die schwierig waren, Momente, in denen Sie im Nachhinein gesehen vielleicht gerne anders gehandelt hätten. Suchen Sie sich dann eine Situation aus, auf die Sie gerne das achtsame Selbstmitgefühl anwenden möchten.

Achtsamkeit: schreiben Sie alle Gefühle auf, die mit der Situation in Verbindung stehen. Wie haben Sie sich gefühlt? Nehmen Sie eine verständnisvolle Haltung ein und verurteilen Sie die Gefühle nicht.

Menschliche Verbundenheit: Schreiben Sie auf, inwiefern Ihre Erfahrung menschlich war. Inwiefern Ihre Reaktion basierend auf dem, was davor war, Sinn gemacht hat. Lassen Sie etwas Sanftheit hineinfließen.

Freundlichheit mit sich selber: Schreiben Sie sich ein paar empathische, freundliche Worte auf. Stellen Sie sich vor, Sie sind Ihr allerbester Freund/ allerbeste Freundin, Sie wollen nur das Beste für sich – wie würden Sie reagieren?

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Ausprobieren und habe Ihnen hier noch eine Meditation für achtsames Selbstmitgefühl verlinkt.

Achtsames Selbstmitgefühl ist Teil meines Mindful Empowerment 8 Wochen Programms, welches Ihr Team Schritt für Schritt durch die gängigen Achtsamkeitspraktiken führt, Stress abbaut und Fokus, Kreativität und das allgemeine Wohlbefinden in kurzer Zeit signifikant steigert.

Alles Liebe,
Sophie Bachmann

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